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Girls Day - Frauen in der IT Branche

Am 28. April 2022 findet der diesjährige Girls´ Day statt. Ziel des Girls' Day ist es, Mädchen stärker für neue Berufsfelder zu interessieren, die von traditionell weiblichen Berufsbildern abweichen und mehr Zukunftschancen bieten. Darunter zählt zum Beispiel die Softwareentwicklung. Wir haben mit einer jungen Software-Developerin über ihren Job in der IT gesprochen.

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April 28, 2022

Interview mit Softwareentwicklerin Natalia Khodiakova zum Girls´Day 2022

Am 28. April 2022 findet der diesjährige Girls´ Day statt. Ziel des Girls' Day ist es, Mädchen stärker für neue Berufsfelder zu interessieren, die von traditionell weiblichen Berufsbildern abweichen und mehr Zukunftschancen bieten.

Ein zukunftsorientiertes, jedoch immer noch sehr männlich dominiertes Berufsfeld ist die Softwareentwicklung. In Deutschland sind lt. einer Bitkom-Umfrage gerade mal 18 %der Informatik-Studierenden weiblich. Bei den IT Ausbildungsberufen sind es gerade mal 9%*.

Viele Unternehmen sind daher froh, wenn sie weibliche Softwaredeveloper aus dem Ausland anwerben können. Eine von ihnen ist Natalia Khodiakova aus Mykolaiv Ukraine, die seit 2016 in München arbeitet.

Dort entwickelt sie Software und Backend Services für eine Digitalagentur und hat sich auf das Thema Automatisierung & DevOps spezialisiert. Sie liebt Hackatons und organisiert sie regelmäßig für ihre KollegInnen und Kunden.

Natalia, wann hast du dich dazu entschieden, Informatik zu studieren und wieso?

Ich war in meinem letzten Jahr in der Schule und hatte die Wahl – Linguistik oder Informatik. Sprachen mag ich auch sehr gerne und habe Englisch und Französisch gelernt. Informatik und Programmierung haben aber einen besonderen Reiz – sie geben das Gefühl der „Macht“– der Computer macht das, was ich ihm befehle.

Das Erfolgserlebnis ist auch etwas ganz Besonderes: wenn man lange ein Problem nicht lösen kann, probiert man immer wieder unterschiedliche Ansätze und wenn es dann endlich funktioniert – wow, das ist Glück pur. Um ehrlich zu sein, bin ich nach diesem Gefühl süchtig und suche mir immer wieder weitere spannende Probleme, die ich lösen kann.

Und natürlich die Leute, die programmieren können. Ich bewundere meine KollegInnen, bewundere gute EntwicklerInnen und ihre Denkweise. Das war für mich entscheidend.

In Deutschland ist der Beruf bei Frauen nicht so beliebt wie in anderen Ländern wie der Türkei, Griechenland usw. Wie erklärst du dir das?

In der Ukraine ist es auch nicht besonders beliebt, aus 20-25 Studenten gab es nur 4-5 Frauen. Ich denke, das ist ähnlich wie in Deutschland. Nach Stereotyp ist unser Beruf (wie viele technische Berufe) eher männlich, und manche Frauen trauen sich nicht, es zu probieren, was ich sehr schade finde. Tatsächlich habe ich sogar mal das Argument gehört, dass man in der Softwareentwicklung zu viel sitzen muss und deswegen eine schlechte Körperhaltung bekommt. Das stimmt zum Teil ;) man muss eben etwas mehr auf seine Gesundheit aufpassen, wie in vielen anderen Büroberufen auch.

Manche Frauen in meiner Heimat hatten Angst, sie finden keine Freundin im Studium. Das stimmt auch nicht! Meine beste Freundin habe ich auf Coursera Course „Algorithms and DataStructures“ kennengelernt! Sie hat sich auch getraut Informatikerin zu sein, nämlich Senior Network Engineer. Die Welt gehört den Mutigen!

Gibt es Vorurteile zu deinem Beruf, mit denen du dich manchmal auseinandersetzen musst?

Definitiv! Die gleichen, mit denen auch meine männlichen Kollegen konfrontiert sind.

Der am meisten verbreitete ist: du bist doch EntwicklerIn, kannst du mein Drucker reparieren? Weil wir mit Computern arbeiten, bedeutet das nicht automatisch, dass ProgrammiererInnen sich mit Geräte-Reparatur auseinander setzen können. Aber! (es gibt immer ein „aber“). Wir sind gewöhnt, Probleme zu lösen und nach Lösungen intensiv selbst zu suchen. Das ist nicht ausgeschlossen, dass ein/e EntwicklerIn sich traut, eine Anleitung anzuschauen und den Drucker selbst zu reparieren. Was ich nur meine, es ist nicht selbstverständlich.

Das zweitbeliebteste Vorurteil ist: alle EntwicklerInnen können eine Webseite programmieren. Klar, nach dem Motto: „ich schaue mir die Anleitung an und mach’s schon“ kann es gehen, ist aber auch kein Muss. Es gibt so viele verschiedene Möglichkeiten in der Softwareentwicklung:

  • Mobile EntwicklerInnen, die Apps für Android und iOS programmieren
  • Frontend EntwicklerInnen, die bauen Web Applikationen (und unter anderem Webseiten)
  • Backend EntwicklerInnen, die Daten analysieren, verarbeiten, speichern und übertragen
  • IoT EntwicklerInnen, die sich um Smart Home kümmern und die Daten aus Sensoren auslesen und zunutze machen können
  • Data Scientists, die Muster in Daten erkennen und Voraussagen machen
  • DevOps, die manuelle Prozesse automatisieren
  • Und, und, und...

Noch ein Vorurteil ist: wenn EntwicklerInnen programmieren, tippen sie ganz schnell etwas im Code Editor, wie es eigentlich in allen Filmen gezeigt ist. Das ist aber nicht so – am öftesten sitzt man vor dem Bildschirm und denkt, tippt ein paar Zeilen Code, sieht den Fehler und denkt weiter. Oder arbeitet man am Whiteboard oder mit dem Blatt Papier. Das wichtigste ist die Idee, das Algorithmus – was unser Code tun wird. Die Idee in Code zu übersetzen ist schon die Routine.

Und das letzte Vorurteil: EntwicklerInnen sind verschlossene Nerds, die nur technische Kauderwelsch sprechen. Nein, nein und nein! Die künstlerischsten, lustigsten, energischsten und kreativsten Menschen mit dem besten Sinn für Humor und dem feinsten Charme, die ich getroffen habe, sind EntwicklerInnen! Wenn Sie eine solche Person sehen und ihr Humor einen Hauch von Nerdigkeit hat, ist die Wahrscheinlichkeit, dass Sie einen Entwickler getroffen haben, ziemlich hoch :D

Wie könnte die Branche von mehr Frauen in der IT und Softwareentwicklung profitieren?

Es ist nicht unbekannt, dass Männer und Frauen anders denken, auf unterschiedliche Aspekte vom Problem aufpassen. Je mehr Perspektiven das Team hat, je unterschiedlicher Sparring Partner sind, desto besser ist die finale Lösung durchdacht und umgesetzt.

Je mehr Frauen in der Softwareentwicklung tätig werden, desto mehr Vorbilder wird es für weitere Studentinnen geben! Übrigens, der allererste Softwareentwickler war eine Frau. Ada Lovelace, die Tochter des Dichters Lord Byron, hat mit Charles Babbage gearbeitet und hat seine Maschine zur Berechnung mathematischer Tafeln benutzt.

Und Grace Hopper hat den ersten Compiler entwickelt (ein Programm, das den für Menschen lesbaren Code in Computer-lesbaren Datei übersetzt) und hat sehr viel für COBOL Sprache gemacht– diese Sprache ist bis jetzt bei Banken und Versicherungen in Anwendung.

Frauen haben die IT Branche revolutioniert! Je mehr Frauen mit Softwareentwicklung anfangen, desto größer die Wahrscheinlichkeit, die nächste Revolution in der IT-Welt zu beschleunigen!

Softwareentwicklung ist für jede/n offen. Kein/e EntwicklerIn ist mit dieser Fähigkeit geboren. Alle haben mit einfachsten Sachen angefangen und lange genug studiert und trainiert.

Brauchst du privat einen Ausgleich zu deiner technischen Arbeit?

Natürlich ! Ich mache gerne Fitness, um meine Gesundheit auf dem guten Niveau zu behalten. Und spiele Klavier. Wir haben eine Band in der Arbeit. Meine Firma heißt RaySono und die Band – RayC/DC. Am Tag arbeiten wir an den großartigen Projekten zusammen, abends – spielen wir Musik und haben unglaublich viel Spaß. Entwickler, Designer, Projekt Manager – ich arbeite mit hochbegabten KollegInnen.

Was möchtest du jungen Mädchen auf den Weg geben, um sie zu einer Ausbildung oder Studium im Softwaredevelopment zu motivieren?

Softwareentwicklung macht Spaß. Aber aus der Sicht von SoftwareentwicklerInnen ist es ein ganz anderes Niveau von Spaß – etwas, was nur wenigen zugänglich ist, und deswegen so wertvoll.

Softwareentwicklung ist schön und elegant – die Lösungen, der Code, die Ideen, das alles bringt auch ästhetischen Genuss.

Die Arbeit mit kreativen und begabten Menschen ist ein Vergnügen. Ich stehe auf und freue mich, dass ich schon wieder an spannenden Projekten mit meinen wunderbaren KollegInnen arbeiten werde.

Softwareentwicklung ist für jede/n offen. Kein/e EntwicklerIn ist mit dieser Fähigkeit geboren. Alle haben mit einfachsten Sachen angefangen und lange genug studiert und trainiert.

„Unmöglich“ gibt es in meinem Wortschatz nicht. Stattdessen stelle ich mir die Frage: „Wie kann ich es doch machen?“

* Quelle

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